Fünf Fragen an Patrick Comboeuf zu PSD2 und Open Banking

Patrick Comboeuf, Ifolor
Bild: Patrick Comboeuf, digitaler Vordenker, Innovationsarchitekt, Fintechrocker und Extrapreneur

Wie sehen Branchenexperten die Auswirkungen der PSD2 und die Bedeutung von Open Banking für die Schweiz? Heute: Patrick Comboeuf, digitaler Vordenker, Innovationsarchitekt, Fintechrocker und Extrapreneur.

Die PSD2 bewegt Europa und Open Banking schafft neue Spielregeln. Auch in der Schweiz? Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat ihre Haltung gefunden, definiert und kürzlich mit einem Positionspapier konkret Stellung bezogen. Unsere Redaktion nimmt aktuell den Puls der Branche – wir haben Experten aus verschiedenen Lagern um ihre Meinung zum Thema gebeten.

Exponenten aus dem Umfeld von Banken, FinTechs, Verbänden, Beratung, Medien und Recht nehmen Stellung. Ihre Statements bringen wir laufend in unserer Serie:

Fokus Schweiz | Meinungen zur PSD2 und zu Open Banking

Fünf Fragen an Patrick Comboeuf von Ifolor

Welche Auswirkungen hat nach Ihrer Betrachtung die EU-Regulierung PSD2 für die Schweiz?

PSD2 wird im Kern die Open Banking Agenda der Schweiz prägen. Das peinlich und feig anmutende Geplänkel der Bankiervereinigung wird in der Retrospektive bloss als untauglicher Versuch mittelalterlicher weisser Männer erscheinen, die alte Welt noch etwas länger zu verklären.
 

Welche Bedeutung messen Sie Open Banking für den Finanzplatz Schweiz zu?

"Banking is essential. Banks are not." Dieser von Bill Gates, dem Gründer von Microsoft, geprägte Satz stammt aus dem Jahre 1995 (aus seinem Buch "The Road Ahead")! Mit Open Banking werden mehr als zwanzig Jahre danach erstmals tragfähige Architekturen und Frameworks auf den Markt kommen, welche dieses Mantra endlich Realität werden lassen.
 

Die SBVg bezieht Stellung und lehnt eine PSD2-analoge Regulierung für die Schweiz ab. Welche Signale werden dadurch gesetzt? Ist das ein Vorteil, ein Nachteil oder bleibt eine fehlende PSD2-analoge Regulierung ohne Auswirkungen für die Schweiz?

Das Internet und die digitalen Konsumenten halten sich nicht an Staatsgrenzen. Wenn eine Innovation überzeugend und sinnstiftend zur Verfügung steht, wird die Nachfrage danach exponentiell zunehmen.

Vergessen wir nicht, ab 2020 bilden Digital Natives die Mehrheit der aktiven Bevölkerung. Die Banken in der Schweiz stehen deshalb vor einer Weggabelung:

Weiter Verhinderungstaktik mit etwas Innovationstheater kaschieren und damit den unaufhaltsamen Abstieg in die Bedeutungslosigkeit beschleunigen.

Oder sofort umschwenken und kundenrelevante Innovation (zum Beispiel in skalierbaren Open Banking-Architekturen) ins Zentrum ihrer digitalen Legitimation stellen.
 

Wird die PSD2 in ihren Auswirkungen generell überbewertet oder ist es tatsächlich eine umwälzende Neuerung?

Es ist ein gesetzlicher Rahmen, der es auch kleinen Playern erlaubt, Bankinnovationen zu vermarkten. Das ist bemerkenswert.
 

Welche Rolle wird Open Banking in fünf Jahren in Europa im Allgemeinen und in der Schweiz im Besonderen spielen?

In fünf Jahren wird die Hälfte der Experten von heute ernüchtert sein über die zu langsame Entwicklung. Die Exponentialkurve wird erst danach steiler. Dann aber gewaltig.
 

Was wir nicht gefragt haben, was jedoch Ihrer Meinung nach zum Thema PSD2 oder Open Banking unbedingt gesagt gehört:

Die Debatte um Open Banking in der Schweiz wäre aktuell eine fantastische Chance für alle Banker, die bis jetzt im Schatten der "mutlos-weiss-mittelalterlich-männlich"-Führungsriege standen, entweder pointiert Stellung zu beziehen oder selber bei einem (ausländischen?) Fintech Startup anzuheuern.

One more thing: "Die Zeiten des 3-6-3 (give 3% - take 6% - off to golf at 3pm) sind mit Open Banking definitiv vorbei. Zu Recht!"

Der Interviewpartner: Patrick Comboeuf

Patrick Comboeuf ist einer der profiliertesten digitalen Vordenker der Schweiz. Neben dem Fachgebiet Künstliche Intelligenz im Finanzwesen berichtet er für MoneyToday.ch über Themen wie Digital Finance, Blockchain, DeFi, Web3 sowie ESG & Sustainable Investing.

Mehrere Wochen im Jahr verbringt er im Silicon Valley und anderen Hotspots der digitalen Welt. Seit 2013 arbeitet er freiberuflich für verschiedene renommierte Bildungsinstitutionen, unter anderem als Studiengangsleiter für Post-graduate Masterprogramme wie den CAS AI in Finance & DeFi/Web3 Economist an der HWZ Hochschule für Wirtschaft in Zürich.

Hauptberuflich unterstützt er etablierte Unternehmen sowie aufstrebende Startups als Interims-Manager & Facilitator dabei, ihre Geschäftstätigkeit friktionsfrei in einer "AI First"-Welt zu verankern.

Als früherer Head of Digital Experience bei Swiss Life und als Leiter Digital Business bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) war er federführend verantwortlich für eine Vielzahl von Initiativen, welche die digitale Kundenerfahrung in eine neue Sphäre hoben.

Neben seiner Redaktorentätigkeit für MoneyToday.ch teilt er sein Wissen und seine Einschätzung auch sozial-medial auf LinkedIn und X/Twitter sowie als Prakademiker, Speaker, Moderator oder Podiumsgast auf Konferenzen im In- und Ausland.