Was vor und nach dem Bitcoin-Absturz passiert ist – und wie der Taucher eingeordnet werden kann

Darstellung von Bitcoin mit Abwärtskurve
Bild: matejmo | Getty Images

Wie man Kryptowährungen und den Bitcoin auch betrachten mag – wir alle werden zu Zeitzeugen eines aussergewöhnlichen und spannenden Phänomens.

Letzten Sonntag stand der Bitcoin mit gut 58'000 US-Dollar auf einem historischen Höchststand. Am Sonntagabend geriet die Kryptowährung ins Rutschen und ist in Etappen innerhalb von zwei Tagen bis auf 45'000 Dollar zurückgegangen. Wie ist dieser Taucher zu bewerten und was ist im Umfeld der Erdrutschbewegung passiert?

Eine Einordnung zur aktuellen Bewertung

Der Bitcoin ist nach wie vor ein sehr volatiler Vermögenswert, deshalb ist der Taucher nach einem etwas überhitzten Aufstieg weder überraschend noch erstaunlich. Auch dann nicht, wenn die Kryptowährung vorübergehend 13'000 Dollar an Wert eingebüsst hat.

Zur Erinnerung: Ende 2020 war der Bitcoin mit 29'000 Dollar bewertet, damit lag er mehr als 20'000 Dollar höher als Anfang 2020. Acht Wochen im laufenden Jahr haben genügt, den Bitcoin innerhalb einer ziemlich überhitzten Entwicklung mit einem Zuwachs von weiteren fast 30'000 Dollar auf gut 58'000 Dollar zu hieven. Nach dem aktuellen Absturz auf 45'000 lag der Bitcoin wohl 13'000 Dollar unter der bisherigen Höchstmarke, aber weiterhin auf einem Spitzenwert im Vergleich zu Anfang 2020 und zu Anfang 2021.

Wer bei einem immer noch jungen und volatilen Phänomen mit einem Plus (zum Zeitpunkt Tiefststand nach aktuellem Absturz) von rund 36'000 Dollar innerhalb von 14 Monaten das Bild der "geplatzten Blase" bemüht, kann entweder nicht rechnen oder hat das Wesen von Kryptowährungen noch nicht verstanden. Da ist nichts geplatzt, der Bitcoin hat sich schlicht volatil verhalten, das konnte er immer schon – diesmal wohl kräftig, aber dennoch innerhalb von freundlichen Grenzen nach unten. Die Korrektur hätte noch deutlicher ausfallen können – das bleibt auch weiterhin möglich.

Wichtig ist jedoch, wie der Bitcoin sich langfristig entwickelt. Die kurzfristigen Kurskapriolen werden noch für einige Zeit zum Charakter von Kryptowährungen gehören – der ist erst dabei, sich zu bilden. Die teilweise heftigen Ausschläge sind der erst allmählichen Etablierung geschuldet und so lange unbedeutend, wie die allgemeine Richtung stimmt. Tut sie das, ist der Bitcoin auf guten Wegen.

Einige Ereignisse und ihre Auswirkungen vor und nach dem Absturz

Was den Kurs drückt: Eine schnelle und überhitzte Kursentwicklung nach oben führt zu Abverkäufen und Gewinnmitnahmen. Gehören Heere von Kleinanlegern und auch einige Wale mit grossen Bitcoin-Beständen zu den Verkäufern, hat das, neben weiteren Faktoren, zwangsläufig Auswirkungen auf den Kurs.

Was den Wert stabilisiert: Im Gegensatz zu früher dürfte der Bitcoin heute eine beträchtliche und vor allem eine wachsende Zahl von institutionellen Anlegern haben, die langfristig in die Kryptowährung investiert sind. Das hat eine stabilisierende Wirkung, allerdings weiterhin innerhalb einer volatilen Bandbreite.

Was den Aufstieg fördert: Nach dem Investment von Tesla beziehen auch andere Unternehmen den Bitcoin in ihre Überlegungen und Strategien mit ein. Trotz der medialen Häme, die Elon Musk nach dem Absturz entgegenschlägt. So hat zum Beispiel das Finanzdienstleistungs- und Payment-Unternehmen Square seine schon bestehenden Bitcoin-Bestände aufgestockt, vergangenen Dienstag die Gunst der Kurssturz-Stunde genutzt und für weitere 170 Millionen Dollar Bitcoins gekauft. Diesem Beispiel ist auch Micro Strategy gefolgt, das Unternehmen hat am 24. Februar einen Zukauf in der Höhe von 1 Milliarde US-Dollar gemeldet. Diese und weitere Unternehmen spekulieren nicht kurzfristig, sie legen einen Teil ihrer Mittel langfristig in Kryptowährungen an. Das damit verbundene Statement hat eine Signalwirkung und schafft zusätzliches Vertrauen in Kryptowährungen.

Was den Bitcoin in die Breite bringt: Ob der Kurs rasant in die Höhe klettert oder zwischenzeitlich massiv korrigiert – der Bitcoin ist zum Dauerthema in sämtlichen Medien geworden. Unabhängig davon, ob in der Tendenz gewarnt, einmal mehr die platzende Blase heraufbeschworen oder sachlich analysiert wird – die Medienberichte schaffen Bewusstsein und führen dazu, dass sich breitere Bevölkerungskreise mit Kryptowährungen beschäftigen. Das ist der langfristigen Entwicklung von Kryptowährungen zuträglich. Nur gut informierte Menschen sind in der Lage, sich selbst ein Urteil zu bilden und zwischen Hype und ernstzunehmendem Phänomen zu unterscheiden.

Ein Phänomen ist dabei, seinen Platz zu finden und sich zu etablieren

Kryptowährungen im Allgemeinen und der Bitcoin im Besonderen haben noch eine längere Reise vor sich. Die angesteuerten Destinationen werden jedoch zunehmend spannender und die Grösse des Publikums oder auch der Mitreisenden ist am Wachsen.

Das alles und zahlreiche weitere Faktoren machen den Unterschied zwischen einem kurzfristigen Hype und einer umwälzenden Entwicklung, welche das Potenzial hat, Gesellschaft, Wirtschaft und die Finanzindustrie massgeblich mitzuprägen. Ob und in welcher Form das gelingen kann, wird sich zeigen.

Damit werden wir alle Zeitzeugen – in der wählbaren Rolle des interessierten Zuschauers oder des aktiven Teilnehmers – eines aussergewöhnlichen und spannenden Phänomens, das in seiner Entwicklung in dieser Form wahrscheinlich nur alle paar hundert Jahre beobachtet werden kann.