Verlieren regulierte Fintechs den hippen Status?

Bild N26 | Das Management des Berliner Startups mit Banklizenz: Valentin Stalf (Gründer und CEO), Maximilian Tayenthal (Gründer und CFO), Matthias Oetken (CFO/CRO), Christian Rebernik (CTO), Markus Gunter (CEO)

Wird ein Fintech zur Bank, wenn die Banklizenz da ist? So richtig? Oder entsteht eine neue Generation von Finanzdienstleistern?

Über das Girokonto fürs digitale Zeitalter von Number26 haben wir mehrmals schon berichtet. Das Berliner Startup nennt sich neu kurz N26 und hat kürzlich eine Vollbanklizenz erhalten. Damit darf N26 Bankgeschäfte in Europa tätigen und beendet deshalb die Kooperation mit dem bisherigen (weil notwendigen) Partner Wirecard. Allerdings: N26 unterliegt damit neu selbst und direkt den Vorgaben der Finanzmarktregulierung.

Mit über 200'000 Kunden (generiert in etwas mehr als einem Jahr) in acht Ländern, den kürzlich eingesammelten 40 Millionen aus der zweiten Finanzierungsrunde und der neuen Kooperation im Investmentbereich mit Vaamo (Robo-Advisor), ist N26 gut aufgestellt und hat noch sehr viel vor. N26 will nach eigenen Aussagen "die modernste und effizienteste Bank Europas" werden.

Die DNA der neuen Finanzdienstleister

Verschiedene Medien haben prognostiziert, dass der hippe Status für N26 nun Geschichte wäre, der Ernst des Bankenlebens anbrechen würde und N26 deshalb in kurzer Zeit von einer "normalen" Bank nicht mehr zu unterscheiden wäre.

Ist das so? Mutiert ein Startup über Nacht vom Fintech zur Bank? Oder bleibt die DNA erhalten und ein innovatives Startup funktioniert nun neuerdings einfach reguliert? Oder ganz anders?

Schon seit einiger Zeit ist ein neuer Typus von Finanzdienstleistern im Markt aktiv. Spürbar anders. Weniger in den Leistungen, vielmehr in Positionierung, in der Fokussierung auf Zielgruppen, im Erkennen von Kundenbedürfnissen, im Anbieten pragmatischer Lösungen und vor allem auch in der Ansprache.

Die Vorteile des (ehemaligen) Aussenseiters

Um kurz zu bleiben: Manchmal hat man die Kleinen einfach lieber als die Grossen. Schätzt das Einfache mehr als das Komplizierte. Zieht das Individuelle dem Standardisierten vor. Menschen reagieren auf problemlösende Originalität und sind für persönliche Ansprache empfänglich. Oder sie belohnen schlicht den Eindruck: Da hat einer über mich nachgedacht und liefert das, was ich brauche.

Eine Haltung, die nicht Startups vorbehalten ist, oft jedoch von Startups gepflegt und offensiv transportiert wird. Und eine Haltung, die mit oder ohne Banklizenz funktionieren kann, Erfolg bringt und im Markt gut ankommt. Deshalb wird N26 aller Voraussicht nach genau diese Haltung beibehalten, als Unternehmens-Kapital und gelebte DNA pflegen – neu eben mit Banklizenz – und damit den Platz in der Generation der neuen Finanzdienstleister verteidigen und festigen. Als andere Bank eben.

Und noch mehr "andere Banken"

Fidor Bank
Immer schon eine (Direkt-) Bank, aber eben konsequent seit 2009 als "die andere Bank" positioniert. Als Mitmach-Bank, Web 2.0-Bank, Social Community-Bank, exrem vernetzt mit ihren Kunden, der Kunde ist "Co-Manager". Das schafft eine andere Art von Vertrauen und Zusammenhalt, weil Kunden nicht nur eine Bankbeziehung unterhalten, vielmehr sehr direkt im Boot ihrer Bank sitzen. Gründe, warum die französische Grossbank BPCE Fidor kauft und die Direktbank so belassen wird, wie sie ist: als andere Bank.

Kontist
Auf einer ähnlichen Schiene in Sachen Nähe zum Kunden fährt der neue Berliner Anbieter Kontist, der Banking kompliziert findet und deshalb ein Geschäftskonto von Selbstständigen für Selbstständige schnürt, für Freelancer und für Kleingewerbler. Aus der Einsicht heraus: diese Zielgruppe braucht keine Bank, sondern ein Paket an Finanzdienstleistungen, das zugeschnitten ist auf die Sorgen, Wünsche und spezifische Bedürfnisse von Selbstständigen. Was dabei herauskommt, ist nicht völlig anders als ein "normales" Bankangebot. Aber es liest sich anders, präsentiert sich neu und frisch und nimmt die Zielgruppe mit ins Boot, weil die Metabotschaft rüberkommt: die verstehen mich.

Im Markt agieren zahlreiche weitere Player (darunter auch klassische Banken mit Gespür, Flexibilität, Innovationsfreude und Weitsicht), welche die DNA der neuen Finanzdienstleister verinnerlicht haben. Ein Klick in deren Websites zeigt auf einen Blick Haltung, Tonalität, Lösungen, Ansprache und damit, dass es eben auch anders geht.

Banking by Design: Smartphone-Bank N26

Das andere Geschäftskonto: Banking für Selbstständige von Kontist

Web 2.0-Bank: Social Banking mit Fidor Bank

Stichworte zum Thema im Lexikon: Fintech | Finanzmarktregulierung | Robo Advisor