Hypotheken

Valiant geht im Hypothekargeschäft neue Wege

Hypotheken und Hausschlüssel
Bild: Romolo Tavani | Getty Images

Ein bemerkenswertes Geschäftsmodell testet die Valiant Bank: Hypotheken-Kunden erhalten verschiedene Offerten – auch solche von der Konkurrenz.

Die Marge im Hypothekargeschäft von Retailbanken wie Valiant ist unter Druck, sagt die Valiant Bank aus eigener Erfahrung. Die Konsequenz daraus: neue Ertragsquellen müssen erschlossen werden. Valiant belässt es nicht bei der Erkenntnis, die Bank geht einen mutigen Schritt weiter.

Ab Mitte 2019 soll vorerst in der Ostschweiz ein vergleichendes Angebot im Hypothekargeschäft für Privatkunden getestet werden. Innerhalb einer Hypothekarberatung bei Valiant erhalten Interessierte verschiedene Offerten, auch solche von anderen Anbietern.

Die Gründe für die neue Strategie

Die Sicht der Valiant Bank: Der Hypothekarmarkt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Zum einen hat sich das Kundenverhalten geändert. Kundinnen und Kunden wollen immer mehr vergleichen, Vergleichsdienste und -portale sind sehr gefragt. Zum anderen sind aufgrund der Negativzinsen neue Mitbewerber im Hypothekarmarkt aktiv geworden. In der Auswirkung führt das dazu, dass die Zinsmarge im Kreditgeschäft, dem wichtigsten Ertragspfeiler von Valiant, dauerhaft unter Druck bleibt.

Das neue Geschäftsmodell der Valiant

Valiant überzeugt, dass im Finanzierungsgeschäft neue Geschäftsmodelle vertieft getestet werden müssen. Zum Beispiel Geschäftsmodelle, bei denen die Bank bei Krediten eine Vermittlerrolle übernimmt, welche die Wertschöpfungskette aufbrechen. Deshalb plant Valiant die Einführung eines neuen Angebots bei Hypotheken von Privatkunden:

Interessenten einer Standardhypothek für selbstbewohntes Wohneigentum werden verschiedene Offerten unterbreitet – auch solche von anderen Anbietern wie zum Beispiel Pensionskassen oder Versicherungen. Die Interessenten können die Angebote vergleichen und sich frei für das beste Angebot entscheiden.

Das Geschäftsmodell soll in der Ostschweiz getestet werden

In einem ersten Schritt plant Valiant, dieses Angebot in der Ostschweiz zu testen. Im Zusammenhang mit zwei neuen Geschäftsstellen (St. Gallen und Wil), die im zweiten Semester 2019 eröffnet werden. Kunden sollen dabei neutral beraten werden – für die Kundenberater soll nicht im Vordergrund stehen, ob die Kunden eine Hypothek von Valiant oder einem anderen Anbieter abschliessen. Damit sollen Interessenskonflikte vermieden werden. Wichtig ist, dass die Beziehung mit einem zufriedenen Kunden bei Valiant weitergeführt werden kann.

Was der Kunde davon hat

Kunden vergleichen ohnehin verschiedene Angebote. Entweder über Vergleichsportale oder indem sie bei mehreren Banken Offerten einholen. Kann sich ein Kunde darauf verlassen, dass er bei seiner Hausbank das beste Angebot erhält, spart er sehr viel Zeit und Aufwand. Zudem fühlt er sich gut betreut und ernst genommen, weil die Bank klar erkennbar seinen Vorteil in den Vordergrund stellt, nicht ihren eigenen. Das schafft Vertrauen und öffnet Türen für die Zukunft und für weitere Geschäfte.

Was die Bank davon hat

Für welches Angebot ein Kunde sich auch immer entscheidet, die Bank verliert den Kunden nicht an die Konkurrenz. Darin liegt denn auch das Motiv für den Test der Valiant Bank, welche festhält:

Die Kundenbeziehung bleibt im einen wie im anderen Fall bei Valiant. Das heisst, auch wenn der Kunde sich für eine Hypothek von einem anderen Anbieter entscheidet, wird er nach Abschluss weiterhin durch Valiant betreut.

Die Valiant Bank ist davon überzeugt, mit diesem Angebot ihr Kerngeschäft, die Beratung und Abwicklung von Hypotheken, zu stärken und neue Erträge im Dienstleistungsgeschäft generieren zu können. Zudem soll Kunden das Finanzleben vereinfacht werden: Sie können Hypotheken vergleichen, sind kompetent beraten und müssen nur mit einem Partner sprechen – nämlich Valiant.

Fazit: Ein Ökosystem entsteht

Valiant legt mit diesem Vorhaben den Grundstein für ein Ökosystem, das in nächsten Schritten noch verzweigter und in zusätzlichen Dimensionen funktionieren kann. Was zum Start noch analog getestet wird, hat digitales Plattform-Potenzial. Und es folgt damit auch einer Open Banking-Idee, welche für einen Kunden all das auf einer Plattform zusammenbringt, was für ihn wichtig ist und was ihn rund um seine Finanzen in verschiedenen Lebensphasen beschäftigt.

Dazu kommt: Eine Bank bringt sich mit dieser Strategie gegenüber externen Vergleichsportalen und Konkurrenten von Anfang an in eine denkbar gute Position. Sie agiert von sich aus als Vergleichsportal und portiert auch Angebote der Konkurrenz. Weiss ein Kunde das, wird er ohne Umwege und im Idealfall sogar ausschliesslich mit seiner Hausbank sprechen. Die Aussage "Meine Bank" bekommt für Kunden eine neue Bedeutung und damit zusätzliches Gewicht.

So oder so ein mutiger Schritt und eine Idee, welche langfristig erfolgreich funktionieren kann, weil sie die Wünsche und Interessen der Kunden in den Vordergrund stellt.