Digitale Währungen

E-Franken: Bemerkenswertes Engagement der Schweizerischen Nationalbank im Bereich der digitalen Währungen

Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank
Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (Bild: SNB)

Ist ein Krypto-Franken für die Bevölkerung aktuell (noch) kein Thema, rückt die Vision des digitalen Frankens für Banken jetzt auch bei der SNB in den Vordergrund.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihre Technologie- und FinTech-freundliche Haltung schon mehrfach bewiesen.

Zum Beispiel Anfang 2019 mit der Entscheidung, Startups und Unternehmen mit FinTech-Bewilligung (Banklizenz light) den Zugang zum SIC-System und zu den SNB-Girokonten zu öffnen. Oder auch mit den bereits im Juli 2019 kommunizierten Plänen, gemeinsam mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) über Innovation-Hub-Zentren nachzudenken. 

Schon damals hat Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, das Engagement mit einem Bekenntnis unterstrichen:

Die SNB wird ihre Arbeiten in diesem Bereich weiter intensivieren und beim BIZ Innovation Hub von Beginn an eine aktive Rolle übernehmen

Diese Pläne sind diese Woche mit einer von SNB und BIZ unterzeichneten operativen Vereinbarung zum BIZ-Innovation-Hub-Zentrum in der Schweiz konkretisiert worden. Und damit rückt die Idee des digitalen Zentralbankgeldes auch für die SNB in den Vordergrund.

Noch kein Krypto-Franken, aber Digitalgeld für Banken

Die Skepsis der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zum Krypto-Franken für die Bevölkerung bleibt vorderhand bestehen, digitales Zentralbankgeld für Banken hingegen wird aktuell geprüft. Mit der Idee, dass vorerst die Banken untereinander über die Blockchain und mit Smart Contracts operieren können.

Zahlreiche Staaten testen aktuell nationale Digitalwährungen für die Bevölkerung oder haben sie schon, zum Beispiel Venezuela. Die E-Krona der Schweden, die dem Bargeld lieber früher als später ganz abschwören möchten, wird eher bald Realität. Auch China gibt Gas und der digitale Yuan soll nach letzten Meldungen fast schon vor der Türe stehen.

Seit kurzem werden auch innerhalb der EU Pläne gesponnen – hier vor allem aufgeschreckt und angestossen durch das gross gedachte Libra-Projekt, das tendenziell als Bedrohung gesehen und teilweise vehement abgelehnt wird. Weil noch keine Zeit zum Nachdenken war, stecken die EU-Pläne vorderhand noch im Stadium von "sollte, könnte, müsste" und sind eher als Absichtserklärung oder Möglichkeit einer Gegenoffensive zu verstehen.

Insofern ist die konkrete Initiative der Schweizerischen Nationalbank ein bemerkenswerter Schritt und eine Öffnung – auch dann, wenn im Moment die Banken unter sich bleiben sollen mit einer digitalen Ausführung des Schweizer Frankens.

Was festgehalten werden kann: Mit dieser Initiative und durch die Aktivitäten anderer Staaten und ihrer Nationalbanken sowie durch den Druck von Libra, wird sich die Distanz zur Idee des E-Frankens für die Bevölkerung allmählich auch in der Schweiz verringern.

Das BIZ-Innovation-Hub-Zentrum in der Schweiz

Mit der Unterzeichnung einer operativen Vereinbarung haben SNB und BIZ ihrer kommunizierten Absichtserklärung vom Juli 2019 diese Woche eine konkrete Form gegeben. Die Ziele des Innovation-Hub-Zentrums kurz gefasst:

"Ziel des Innovation-Hub ist es, vertiefte Erkenntnisse über die relevanten technologischen Entwicklungen zu gewinnen, welche die Aufgaben von Zentralbanken betreffen. Gleichzeitig soll der Innovation-Hub öffentliche Güter im Technologiebereich entwickeln, um das Funktionieren des globalen Finanzsystems weiter zu verbessern. Der Hub dient als Zentrum für ein Netzwerk von Innovations-Experten aus Zentralbanken."

Agustín Carstens, Generaldirektor der BIZ, kommentiert die Eröffung des Schweizer Hub-Zentrums mit folgenden Worten:

«Wir sind sehr stolz darauf, dass eines der ersten drei Hub-Zentren hier in der Schweiz eröffnet wird, wo die BIZ seit fast 90 Jahren ihren Sitz hat. Die Schweiz ist eine Innovationsschmiede. Hinzu kommen ihre allgemeine Wettbewerbsfähigkeit, ihr bewährtes Finanz-Ökosystem und ihre leistungsstarken Hochschulen, die im Technologiebereich spezialisiert sind».

Die von Carstens angeführten "drei Hub-Zentren" beschreiben bereits die nächsten Schritte: Neben dem Schweizer Zentrum sollen zwei weitere Hub-Zentren in Hong Kong und Singapur eröffnet werdent. Der Aufbau und die laufenden Arbeiten dieser Zentren werden in enger Zusammenarbeit und mit der Unterstützung der Hong Kong Monetary Authority (HKMA) und der Monetary Authority of Singapore (MAS) erfolgen.

Für das BIZ-Innovation-Hub-Zentrum in der Schweiz sind zwei Projekte bereits definiert worden, welche angepackt werden sollen.

Das erste Projekt: Digitales Zentralbankgeld

Im Zentrum des ersten Projekts steht das oben angeführte digitale Zentralbankgeld für Banken. Konkret soll die Integration von digitalem Zentralbankgeld in eine Distributed Ledger Technologie-Infrastruktur geprüft werden. Diese neue Form von digitalem Zentralbankgeld soll die Abwicklung von tokenisierten Vermögenswerten zwischen Finanzinstituten ermöglichen. Token sind digitale Vermögenswerte, die von einer Partei zur anderen transferiert werden können.

Die Machbarkeitsstudie von der SNB und der SIX Group

Dieses erste Projekt wird im Rahmen einer Kooperation zwischen der SNB und der SIX Group in Form einer Machbarkeitsstudie umgesetzt. Die Details dazu:

Der Aufbau der SIX Digital Exchange (SDX) ist in Arbeit. Damit wird nach Angaben von SIX die weltweit erste auf Distributed Ledger Technologie (DLT)-basierte Plattform für die Emission, den Handel, die Abwicklung und Verwahrung von digitalen Vermögenswerten Realität.

SIX erarbeitet mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) eine Machbarkeitsstudie, welche erforscht, wie digitales, tokenisiertes Zentralbankgeld in der Abwicklung von tokenisierten Vermögenswerten zwischen Finanzmarktteilnehmern eingesetzt werden könnte. 

Die technologische Basis der Machbarkeitsstudie wird durch die auf Distributed-Ledger-Technologie basierte SIX Digital Exchange geschaffen und bereitgestellt. Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie wird SDX ihre Technologie-Plattform einbringen, um technische Möglichkeiten zur Einbindung und Verwendung von digitalem Zentralbankgeld in DLT-Plattformen zu erproben.

Als Möglichkeiten kommen dazu sowohl die Anbindung an das bestehende Swiss Interbank Clearing System als auch die direkte Emission digitaler Schweizer Franken-Token durch die SNB für Finanzmarktteilnehmer (eine sogenannte "Wholesale Central Bank Digital Currency") in Frage.

Die wirtschaftlichen Chancen, welche sich aus einer derartigen Verfügbarkeit von digitalem Zentralbankgeld in der Zukunft ergeben könnten, sind nach Ansicht von SIX signifikant. Der DLT-basierte Austausch von tokenisierten Vermögenswerten und digitalem Zentralbankgeld hat das Potenzial, Gegenpartei-Risiken zu reduzieren und innovative Formen der Wertschöpfung im Finanzwesen zu ermöglichen.

Das zweite Projekt: Überwachung hochfrequenter elektronischer Finanzmärkte

Das zweite Projekt setzt sich mit den steigenden Anforderungen an Zentralbanken auseinander, hochfrequente elektronische Finanzmärkte effektiv beobachten und überwachen zu können. Diese Anforderungen ergeben sich insbesondere aus der zunehmenden Automatisierung und Fragmentierung der Finanzmärkte, aber auch aus dem vermehrten Einsatz von neuen Technologien.